Physische Unterstützung

Zahlreiche Tätigkeiten sind in der Gegenwart und Zukunft manuell zu erledigen, z.B. die Installation von Elektrik, Rohren, Keramikelementen oder Amaturen.
Häufig sind entsprechende Tätigkeiten, z.B. das Tragen von Elementen wie Badewannen oder die Installationen von Leitungen, nur in Zwangspositionen und unter Zuhilfenahme schwerer Werkzeuge durchzuführen.
Je nach Tätigkeitsprofil werden unterschiedliche Körperregionen belastet. Ausgehend von dieser Belastung lässt sich die menschliche Körperkraft durch verschiedenartige Exoskelette unterstützen, die unterschiedlich gestaltet sein können.

Einsatz finden können sowohl starkörperbasierte als auch textilbasierte Systemstrukturen, mit deren Hilfe u.a. Bewegungen unterstützt oder Körperregionen stabilisiert werden können. Hierbei kann die Unterstützungsleistung bspw. passiv durch Textilien, Gasdruckfedern oder aktiv durch z.B. Elektromotoren zur Verfügung gestellt werden.

Webinar: Was sind Exoskelette und wie können sie im SHK-Handwerk helfen?

Projektfazit Physische Unterstützung

Im Projekt HWG 4.0 wurde die Gebrauchstauglichkeit und das Einsatzspektrum von marktverfügbaren Exoskeletten für das SHK-Handwerk überprüft. Eine Vielzahl von unterschiedlichen Exoskeletten zur Rücken- und Schulterunterstützung wurde gemeinsam mit Handwerksbetrieben im Feld und unter Laborbedingungen getestet. Im Fokus standen primäre Use-Cases in den Arbeitsphasen der Badsanierung
Eine Analyse der ergonomischen und körperlichen Beanspruchung in diesen Arbeitsaufgaben ging den direkten Tests mit Exoskeletten voraus. Hierdurch konnte sichergestellt werden, dass eine passgenaue Zuordnung von zu testenden Exoskeletten mit ergonomisch problematischen Arbeitsaufgaben erfolgte.
Die Ergebnisse aus den Exoskelett-Tests konnten in der Folge je nach Beanspruchungskategorie eingepflegt werden. Die sich hieraus gebildete Exo-Matrix ist eine systematische Darstellung- und Kategorisierung einzelner Arbeitsschritte und den hierbei beanspruchten körperlichen Bereichen. Diesen werden entsprechend geeignete Exoskelette mit Entlastungspotential gegenüberstellt.
Die Ergebnisse hinsichtlich der Gebrauchstauglichkeit, welche Vorteile oder etwaigen Herausforderungen mit einzelnen Systemen zu beobachten waren, ergänzen diese Gegenüberstellung. Hiermit soll Betrieben mit Interesse an Exoskeletten eine Hilfestellung an die Hand gegeben werden, welche der getesteten Exoskelette sich grundsätzlich für ihre Bedürfnisse eignen.
Natürlich sind die Ergebnisse eine Momentaufnahme und nicht allumfassend. Der Markt der Exoskelette für den Arbeitseinsatz ist hochdynamisch und neue Systeme können evtl. große Verbesserungen mit sich bringen. Aus diesem Grunde wurde die Exo-Matrix mit übergreifenden Hinweisen verbunden, auf die Anwender bei Tests oder in der Anwendung von Exoskeletten acten sollten.
Zwei Kategorien von Exoskeletten wurden vornehmlich getestet: Exoskelette für die Schulterunterstützung sowie Exoskelette zur Unterstützung des unteren Rückens. Alle getesteten Exoskelette waren sog. „passive Exoskelette“, d.h. alle Systeme wurden über Federn oder Zugbänder aktuiert. Ein Vorteil passiver Exoskelette liegt in ihrem prinzipiell einfachen Aufbau mit dem Verzicht auf komplexe Elektronik und ihrem dadurch gegenüber aktiven Exoskeletten oftmals geringerem Eigengewicht. Ein struktureller Nachteil liegt hingegen darin, dass die Federmechanik durch den Nutzer selbst nach jeder unterstützten Bewegung wieder „gespannt“ werden muss, so müssen bspw. bei Exoskeletten für die Schulterunterstützung die Arme aktiv per Muskelkraft von oben nach unten gedrückt werden, um die notwendige Federvorspannung für die Unterstützung in der Aufwärtsbewegung zu erhalten. Da die Abwärtsbewegung jedoch prinzipiell leichter fällt als die Aufwärtsbewegung ergibt sich in der Regel trotzdem ein ergonomischer Benefit durch die Nutzung des Exoskeletts.
Aktive Exoskelette mit einer elektronisch ansteuerbaren Aktuatorik waren im Zeitrahmen des Projekts jedoch noch nicht marktverfügbar oder nicht für den Einsatz im Handwerk adressiert, so dass keine Erfahrungen zu aktiven Systemen in die Testergebnisse einfloss.
Sämtliche getesteten Exoskelette für die Schulterunterstützung basierten auf einem Mix aus textilen Schnittstellen, gepaart mit rigiden (harten) Elementen, um die Kraftunterstützung auf den Körper einzuleiten.
Die Exoskelette zur Unterstützung des unteren Rückens verzichteten zumeist auf Stangen oder andere harte Elemente. Hier kamen (mit Ausnahme eines Modells) fast ausschließlich weiche, textile Elemente zum Einsatz.
Vor allem die Exoskelette mit rigiden Elementen konnten Vorteile in der dynamischen Kraftentfaltung aufweisen. In dynamisch ausgeführten Bewegungen mit größerem Bewegungsradius war die Kraftentfaltung zumeist über den gesamten Bewegungsradius spürbar., bspw. in dem Führen der Hände von Hüfthöhe über den Kopf.
Die rein textil oder soft aktuierten Exoskelette erzielten ihre Kraftunterstützung in der Regel über einen geringeren Bewegungsradius und überzeugten daher vor allem bei eher statischen Haltearbeiten und hinsichtlich des Tragekomforts durch ihre geringeren Ausmaße.
In den Tests mit den Exoskelette erfuhren die meisten Test-Teilnehmer:innen eine deutlich wahrnehmbare Arbeitserleichterung mit Exoskelett. Zu beobachten waren jedoch auch unterschiedliche individuelle Vorlieben der Arbeitnehmer:innen für einzelne Modelle, abhängig von deren individuellem Tragekomfort oder den persönlichen Arbeitsbedingungen.
Im Ergebnis ist zu schlussfolgern, dass SHK-Betriebe unterschiedliche Modelle gemeinsam mit der Belegschaft an ihren realen Arbeitsplätzen vor der Anschaffung testen sollten.

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EXO Matrix

Belastung bei verschiedenen Körperhaltungen

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